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Einmal Racer, immer Racer

Peter Mücke: Rennfahrer, Teamchef und Talentscout

Man kann ihn mit Fug und Recht eine Berliner Motorsportlegende nennen: Peter Mücke war schon zu DDR-Zeiten ein Ausnahmerennfahrer und ist es bis heute geblieben. Gemeinsam mit seinem Sohn Stefan betreibt er den bekannten Berliner Rennstall Mücke Motorsport. Dabei geht es ihm nicht allein um die Erfolge, sondern der Rennzirkus ist sein Lebenselixier.

 

Im November 2021 feierst du 75. Geburtstag und blickst auf rund 60 Jahre im Motorsport zurück. Wie motivierst du dich nach so langer Zeit?

Ich sag einfach: einmal Racer, immer Racer. Das heißt: kämpfen. Du musst immer wieder aufstehen und dich neu motivieren. Heute hast du vielleicht Pech gehabt, hast nicht gewonnen und überlegst schon auf der Rückfahrt, was du am nächsten Wochenende besser machen kannst. Das steckt aber in mir drin. Ich kann gar nicht anders, als nur nach vorn zu blicken.

 

Du bist durch deinen Vater, der Landestrainer war, zu DDR-Zeiten in den Motorsport hineingewachsen und dein Sohn ist in deine Fußstapfen getreten. Wie war das damals?

Wenn ich mich zurückerinnere, als ich mit Spielzeugautos im Sand gespielt habe, war das an der Bernauer Schleife im Fahrerlager. Um mich herum hat es nur gebrummt, alles voller Autos. Also was sollte da auch anderes aus mir werden? Das ging meinem Sohn Stefan nicht anders. Eigentlich wollte ich als Vater gar nicht, dass Stefan Rennfahrer wird, aber ich konnte es gar nicht von ihm fernhalten. Er war wie ich als Kind immer bei den Rennen dabei. Das war das Normalste der Welt für ihn. Am Ende ist es aber auch gut so. Denn es gibt kaum etwas Schöneres, als mit seinem Sohn zusammen das alles zu machen und gemeinsam auch heute noch im Rennauto zu sitzen. Früher habe ich ihm gezeigt, wie er schneller fahren kann. Heute zeigt er es mir. Das ist doch geil.

 

Stimmt es, dass du zuerst als Schrauber angefangen hast und erst später als Rennfahrer durchgestartet bist?

Ja, im Tourenwagen habe ich als Mechaniker angefangen. Dann hatte der Fahrer, für den wir geschraubt hatten, über Nacht gesagt, ich hab‘ keine Lust mehr. Und so habe ich es einfach selbst versucht. Und es hat funktioniert. Ich wurde bei meinem ersten Rennen auf der Bernauer Schleife Vierter. Dann habe ich weitergemacht, denn ich wollte ja nicht nur Vierter sein, sondern möglichst Erster.

 

Vom Tourenwagen zum Buggy – wie kam es zu deinem Wechsel zum Autocross?

Ich hatte alles gewonnen, was damals auf dem Level so möglich war, zum Beispiel die Osteuropameisterschaft. Irgendwann kommst du dann an den Punkt und fragst dich, es muss doch noch etwas anderes geben. Dann habe ich es für kurze Zeit mit dem Surfen probiert. Aber wenn ich Zeit hatte, war kein Wind. Und wenn ich keine Zeit hatte, war Wind. Also bin ich dann doch lieber beim Motorsport geblieben und Autocross war für mich durch das Reglement technisch hochinteressant. Du konntest ein komplettes Auto bauen mit allen technischen Feinheiten, von der Achse, dem Getriebe, der Federung, Motoren und und und. Da haben wir viel entwickeln können und auch etwas völlig Neues an den Start gebracht, zum Beispiel das Auto mit zwei Motoren. Das hat mir großen Spaß gemacht und auch Erfolg gebracht, dreimal Europameister war schon nicht schlecht.

 

In DDR-Zeiten mussten nicht nur Häuslebauer erfinderisch sein, auch im Motorsport war Material Mangelware. Wie bist du damit umgegangen, um trotzdem international Erfolge zu feiern?

Im Grunde war es sogar gut, weil wir wirklich alles selbst machen mussten. Von Kolben über Zylinderköpfe bis zum Rennsitz – wir konnten es selbst bauen. Der große Vorteil daran war, dass man Hand in Hand mit Kumpels und Freunden gearbeitet hat. Man hat einfach viel gelernt, was uns dann auch in der Nachwendezeit unheimlich geholfen hat.

 

1998 hast du mit Mücke Motorsport deinen privaten Rennstall gegründet – ging damit ein lang gehegter Traum in Erfüllung?

Ich weiß noch, wie ich und Stefan damals nach der Wende auf dem Hockenheimring mit großen Augen die Formel 3 verfolgt haben. Da hatte man uns noch fast genervt angeschaut, was wollt ihr denn hier. Ja, aber es hat nicht lange gedauert, da sind wir selbst in der Formel 3 vorne mitgefahren. Dabei war das mit dem Team gar nicht so geplant gewesen. Ich wollte Stefan eher fernhalten, aber wie bekannt, hat das nicht geklappt. Und so kam eins zum anderen. Stefan war damals bei einer ADAC Sichtung erfolgreich und durch die Förderung konnten wir das erste Formelauto kaufen. Es kamen mit der Zeit Fahrer, die bei uns fahren wollten und Stefan machte den Schritt in die Formel 3. Es war also nicht von langer Hand geplant gewesen. 1998 war genau der Zeitpunkt, als Stefan mit eingestiegen ist und seitdem hieß unser Team auch offiziell Mücke Motorsport.

 

Mücke Motorsport ist aktuell in DTM, GT Masters, Formel 4 vertreten – hast du eigentlich eine Lieblingsserie?

Nein habe ich nicht. Hauptsache Racing, egal in welcher Kategorie du fährst. Der Wettkampf ist das, was zählt. Und auch die technische Seite, dass du ständig die Technik weiterentwickelst, damit du am Ende am schnellsten fahren kannst.

 

Dass es Mücke-Schützlinge, wie z.B. Sebastian Vettel, bis in die Formel 1 schaffen, wird gerne erzählt. Dein Team als Talentschmiede – warum ist dir die Förderung des Nachwuchses so wichtig?

In erster Linie macht es Spaß. Punkt. Da sitzen ganz junge Burschen oder auch manchmal Mädels, die haben zu Anfang noch fürchterlich die Hosen voll. Aber du hilfst ihnen dabei, die Geschichte Stück für Stück zu verstehen und das eine oder andere Talent kannst du weiterbringen. Wenn ich in unsere Historie blicke, haben inzwischen um die 180 Fahrer bei uns gelernt. Davon sind 12 bis in die Formel 1 gekommen. Auch als ich neulich Formel E geschaut habe, auch wenn es nicht unbedingt mein Ding ist, aber auch hier waren etliche alte Bekannte aus unserem Team vertreten. Das macht dich einfach stolz, wenn du deine Schützlinge in den internationalen Fahrerlisten wiedersiehst.

 

Auch der ADAC Berlin-Brandenburg fördert den Nachwuchs. Welche konkreten Verbindungen hast du zum Regionalclub?

Das fängt damit an, dass wir unter der Bewerbung fahren. Andererseits laden wir gern die Nachwuchsfahrer aus dem Kartsport zu uns ein und beraten in einem ersten Schritt und erklären, wie der Weg zum Rennsport weitergeht. Wir zeigen auch Ortsclubs unsere Firma und die Fahrzeuge. Auch Berliner Fahrer versuchen wir auf den Ring zu bringen. Also für uns ist das eine echte Partnerschaft mit dem ADAC Berlin-Brandenburg.

 

Was machst du gern abseits der Rennpiste, auch wenn diese Momente wohl sehr selten sind?

Ehrlich gesagt, da gibt es wirklich nicht viel. Ich bin ja fast jedes Wochenende unterwegs. Und dann nehme ich mir immer vor, den Montag nimmst du dir mal frei. Ich wohne am See und fahre auch mal gern 300-PS-Jetski. Aber wenn Montagmorgen ist, frühstücke ich noch in Ruhe, aber um 11 fahre ich dann doch los zur Firma.

 

Also ein echter Workaholic.

Eher ein bisschen krank würde ich sagen.

 

Aber wenn du dich dann mal auf dem Jetski vergnügst, Speed muss immer dabei sein.

Ja klar, um noch mal auf die kurze Episode mit dem Surfen zurückzukommen, das ließ sich mit meinen wenigen freien Zeitfenstern nicht vereinbaren, weil sich der Wind nicht anschalten lässt. Aber beim Jetski drücke ich den Startknopf und bin in 3 Sekunden auf 100 und alles ist schön.

 

Auf welcher Traumroute wärst du mit welchem Traumfahrzeug unterwegs? Es kann, muss aber keine Rennstrecke sein.

Natürlich muss es eine Rennstrecke sein, wo soll ich denn sonst fahren. Aber es gibt tatsächlich eine, die mich reizt. Le Mans – viele Jahre war ich dabei, als Stefan dort gefahren ist, bin aber nie selbst gefahren. Es gibt die Le Mans Classic, nur habe ich noch nicht das passende Fahrzeug dafür. Aber das wäre schon noch ein Traum, dort mit Stefan zusammen zu fahren.

Motorsport-Zeitreise mit Peter Mücke in der Fotostrecke