Navigation

Co-Pilot aus Überzeugung

Timo Gottschalk über seine Erfahrungen bei der Rallye Dakar

 

Danke, dass du uns wieder für ein Interview zur Verfügung stehst. Das letzte Mal haben wir 2021 miteinander gesprochen, was ist seitdem passiert?

In der Saison 2022 bin ich an der Seite von Armin Kremer für das österreichische Team Baumschlager Rallye & Racing bei der World Rally Championship an den Start gegangen. Mit mehreren Laufsiegen, wie zum Beispiel bei der Akropolis Rally waren wir recht erfolgreich. Jedoch hat es für den Titel nicht gereicht. Außerdem werde ich von nun an mit einem neuen, jungen Fahrer an ausgewählten Rallyes, Bajas und der Rallye Dakar teilnehmen.

 

Im Januar 2023 gehst du mit deinem neuen Partner Lucas Moraes bei der Rallye Dakar an den Start. Was habt ihr euch vorgenommen? 

Ins Ziel kommen! Für Lucas ist es die erste Teilnahme an der Rallye Dakar. Ich habe ihn sehr motiviert und ehrgeizig kennengelernt. Den Ehrgeiz teilen wir, dafür ergänzen wir uns mit meiner Erfahrung sehr gut. In erster Linie werden wir versuchen, keine Fehler zu machen.

 

Bei der Rallye Dakar 2022 hast du mit deinem Partner Jakub Przygonski den 6. Platz belegt. Ein sehr gutes Ergebnis. Wie bewertest du euer Rennen auch vor dem Hintergrund, dass ihr euch im Gegensatz zu vielen anderen Teams für Heckantrieb anstatt Allradantrieb entschieden habt.

Wir mussten uns in der Mitte des Jahres entscheiden, ob wir mit Heckantrieb oder einem Allrad angetriebenem Fahrzeug starten. Zu dem Zeitpunkt waren wir überzeugt, die richtige Entscheidung zu treffen. Relativ kurz vor der Dakar wurde dann aber klar, dass wir unter den Voraussetzungen mit dem kurzfristig geänderten Reglement und dem alten Fahrzeugmodell nicht voll konkurrenzfähig sein werden. Desto zufriedener sind wir mit der Platzierung.

 

2022 war deine 15. Teilnahme an der Rallye Dakar. Wie gut kannst du dich noch an deine erste Rallye erinnern?

So was vergisst man nicht. Ich habe den Augenblick noch sehr gut in Erinnerung. Das Angebot kam früher und anders als gedacht. Ich war überrascht, als VW damals auf mich zukam und fragte, ob ich neben Dieter Depping im LKW fahren würde. Das war 2007 und ich konnte natürlich nicht Nein sagen.

 

Wie hat sich dein Job als Navigator mit der Digitalisierung verändert?

Mittlerweile ist das Roadbook nur noch elektronisch verfügbar. Wir bekommen es erst wenige Minuten vor dem Start ausgehändigt und können uns daher nicht mehr darauf vorbereiten. Für mich bedeutet das, die volle Konzentration über die gesamte Etappe behalten zu müssen, denn die Möglichkeit, die Strecke vorab einmal gedanklich durchzuspielen und die Schlüsselstellen herauszufinden, gibt es nicht mehr. Auf der anderen Seite hat das aber auch was Gutes; ich sitze nicht mehr bis spät in die Nacht, um mich vorzubereiten, habe Freizeit und kann abends etwas abschalten.

 

Wenn du dir irgendein Land auf der Welt aussuchen könntest, in welchem würdest du gerne mal eine Rallye fahren?

Die Baja 1000 in Mexiko und die Rallye Neuseeland! Das sind zwei Veranstaltungen, die ich auf jeden Fall einmal fahren möchte.

 

Du bist Diplom-Ingenieur für Fahrzeugtechnik. Auch dein Berufswunsch als Kind?

Als Kind ging das immer hin und her zwischen den üblichen Kinderträumen, aber während meines Studiums war früh klar, dass ich was mit Motorsport machen möchte. Der Weg hat sich dann allmählich gefügt. Ich begann es als Hobby, arbeitete dann für VW, lernte die richtigen Leute kennen und dann folgte ein Schritt auf den anderen.

 

Welchen Tipp würdest du Nachwuchstalenten geben, die sich im Rallyesport etablieren wollen?

Man darf den Spaß an den Aufgaben nicht verlieren, denn es ist ein Job. Und man muss den Sport aus Überzeugung machen, ob als Fahrer oder Beifahrer. Was auf jeden Fall dazu gehört, ist, dass man viel unterwegs ist, Leute trifft sowie Strukturen und Abläufe versteht. Als Co-Pilot muss man akzeptieren, dass man immer in der zweiten Reihe steht. Durch gute Leistungen und Erfolge kann man sich aber einen Namen machen.